SpaceX wer?

Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC

Jeff Bezos und Elon Musk.

Ich kann dein Augenrollen schon beim Schreiben spüren, aber es soll hier gar nicht um die Glorifizierung von Reichsein durch Arschlochsein gehen.

Der eine verkauft Sachen im Internet und der andere baut Autos, von denen die Menschen denken, dass sie gut wären (sind sie nicht). Und beide sind Milliardäre, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld anstellen sollen (Social-Media-Plattformen kaufen vielleicht? Moment …). Reichtumsaspirierende Versagertypen vergöttern sie. Weil es Jeff und Elon aber nicht reicht, idolisierte Popstars zu sein, und weil sie — während du diese Zeilen gelesen hast — noch mehr Geld verdient haben, von dem sie nicht wissen, was sie damit anfangen sollen, sind beide irgendwann auf den Gedanken gekommen, sich selbst oder irgendwen oder irgendwas ins Weltall zu ballern.

Ein Gedanke, der normalen Menschen freilich selten kommt, höchstens vielleicht, wenn sie als Kind davon geträumt haben, irgendwann einmal als Astronaut·in die Erde von oben zu betrachten. Ich bin mir sicher, in diesem Leben werde ich nicht mehr in einem Raumschiff unterwegs sein. Mein Schmerz darüber hält sich jedoch in Grenzen, denn eine Ausfahrt im Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC ist so ziemlich die nächstbeste Erfahrung, sollte man tatsächlich von einer Fahrt in einem Raumschiff träumen. Der größte Vorteil dabei: Man braucht dazu gar kein·e misanthrope·r Milliardär·in zu sein.

Nachdem Mercedes-Benz im Jahr 2021 mit EQA, EQB und EQS zwei wirklich gute SUVs und eine fantastische Luxuslimousine auf den Markt gebracht hat, haben sie im letzten Jahr mit dem EQE ein Modell für die Businessklasse nachgeschoben. Bevor bald die großen Elektro-SUVs aus Stuttgart kommen (den EQC, den es seit 2019 schon gab, vergessen wir an dieser Stelle mal, was uns Mercedes-Benz sicherlich nicht übel nimmt), rollt die Marke mit dem Stern jedoch die AMG-Varianten der beiden Limousinen an die Startlinie.

Eine Ausfahrt im Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC ist so ziemlich die nächstbeste Erfahrung, sollte man tatsächlich von einer Fahrt in einem Raumschiff träumen. Der größte Vorteil dabei: Man braucht dazu gar kein·e misanthrope·r Milliardär·in zu sein.

Ein elektrischer AMG? Ja. Ja, natürlich sogar. Aber was ist das? Hörst du das auch? Landauf, landab hageln Faustschläge auf die Stammtische ein, dass die Biergläser nur so scheppern. So wie sie schon gescheppert haben, als ein AMG mit Vierzylinder kam. Oder ein AMG mit Turbolader. Oder ein AMG mit Allradantrieb. Oder mit Dieselmotor. Und jedes Mal wurden die Stammtischbrüder eines Besseren belehrt. (Na gut, beim kurzlebigen AMG-Diesel vielleicht nicht unbedingt.) Die Zweiliter-AMGs machen irrsinnig viel Spaß und sogar im C 63 wird der Sprit demnächst nicht mehr in acht Kammern verbrannt. Den Traktionsvorteil eines Allradantriebs kann niemand verkennen. Aber wenn es noch den großen Sauger-V8 mit Heckantrieb gäbe, dann, ja dann würden sich die Stammtisch-Jürgens alle sofort einen AMG kaufen, ist doch klar. Aber so? Da bleiben sie doch lieber bei ihrem 1.5er Ford Focus TDCi. Wir schweifen ab …

Landauf, landab hageln Faustschläge auf die Stammtische ein, dass die Biergläser nur so scheppern. Ein elektrischer AMG?

Ja, ein elektrischer AMG. Warum sollte das auch nicht zusammenpassen? Das ewiggestrige Hubraum-Hubraum-Hubraum-Gefasel ist ein alter Hut. Jede·r weiß, dass Elektrofahrzeuge mit ihrem immer verfügbaren Drehmoment eine wahnsinnige Beschleunigung liefern können. Kann der EQE 43. Jederzeit. Und es ist ja hier nur der 43er. Beim EQE 53 packt AMG nochmal ca. 150 PS auf die 476 des EQE 43 obendrauf und aus 4,2 Sekunden auf 100 km/h werden 3,5. Genauso schnell wie ein E 63. Mit dem guten Gefühl, dass nicht jeder Tritt aufs Fahrpedal gleich wieder kiloweise CO2 in der Atmosphäre verteilt. Und mit dem noch besseren Gefühl, ein Auto aus der Zukunft zu fahren.

Ja, ein elektrischer AMG. Warum sollte das auch nicht zusammenpassen? Das ewiggestrige Hubraum-Hubraum-Hubraum-Gefasel ist ein alter Hut.

Der E 63 ist ein Auto nach althergebrachtem Rezept: normale Limousine, großer Motor unter die Haube, breitere Reifen drauf, neues Fahrwerk, etwas Kosmetik, fertig. Funktioniert seit Jahrzehnten. Aber Rezepte müssen sich auch dem Zeitgeist anpassen. Sonst würden wir auch heute noch regelmäßig allerlei fragwürdige Fleischstückchen in Aspik eingießen und mit Mixed Pickles servieren. Fand Oma in den 60ern ziemlich toll, aber wir können dankbar sein, dass sich das alles fortentwickelt hat. Es ist nun mal schlicht und einfach eine Realität, dass wir uns irrsinnige V8-Boliden nicht mehr werden leisten können, so sehr sie auch Spaß machen.

Stellt man E und EQE gegenüber, wird deutlich, dass der EQE im Jahr 2023 einfach das bessere Auto ist. Beim Fahren macht sich das in so ziemlich allen Aspekten bemerkbar. Dank der Akkus liegt der Schwerpunkt des Wagens ziemlich tief. Fühlt sich in Kurven nochmal deutlich souveräner an als bspw. ein CLS 53. Den Fahrkomfort eines Elektroautos kann zudem auch niemand leugnen. Als Oberklasselimousine ist der EQE auch ein Auto, von dem man Komfort erwartet. Welches AMG-Fahrzeug wird denn schon permanent am Limit bewegt? Die Ruhe beim Fahren, gepaart mit der linearen Zügigkeit, die der 476-PS-Elektroantrieb ermöglicht, ist beeindruckend. Und weil wir hier ja von einem Mercedes-Benz sprechen, besticht der EQE auch durch fantastische Technik. Neben der beachtlichen Reichweite ist vor allem die intelligente Rekuperation ein Feature, das schon bei der ersten Fahrt überzeugt. Es bremst den Wagen vor Kurven, Kreuzungen und Kreisverkehren und bspw. in Autobahnabfahrten selbständig ab, um daraus wieder so viel Energie wie möglich zu gewinnen. So muss One-Pedal-Driving in einem Elektroauto funktionieren. Dazu kommen Assistenzsysteme, mit denen der Wagen wirklich fast wie von allein fährt. Der EQE ist die Businesslimousine der Neuzeit.

Der EQE ist die Businesslimousine der Neuzeit.

Die aerodynamisch optimierte Form des Wagens ist sicherlich Geschmackssache. Radikal anders als alles andere, was MB bisher im Angebot hatte und den Platzverhältnissen auf der Rückbank nicht gerade zuträglich, aber doch irgendwie rund. Und: der bei den klassischen AMG-Modellen inzwischen peinliche Panamericana-Grill (bzw. die “AMG-spezifische Kühlergrillverkleidung”) wirkt am EQE von AMG gar nicht mal so verkehrt. Irgendwie passt dieser Kühlergrill, der kein Kühlergrill ist, zum futuristischen Design.

Was mir persönlich am EQE über das Design und das irre Fahrgefühl hinaus jedoch fast am besten gefallen hat: das künstlich erzeugte Motorengeräusch. Ich weiß, ich weiß: Eigentlich ist das ja eine alberne Idee und viele Hersteller haben es bisher schlicht und einfach miserabel umgesetzt, aber im EQE 43 vollbringt es zwei Dinge auf grandiose Weise: Erstens vermittelt es einem so unglaublich gut ein Gefühl für Beschleunigung und Geschwindigkeit, wie es sonst einfach nur ein analoger Antrieb kann. Und zweitens sorgt es dafür, dass man sich wirklich fast in einem Raumschiff wähnt und nicht in einem Kraftfahrzeug, das von der Schwerkraft am Boden gehalten wird.

Lieber Elon, lieber Jeff, schaut doch einfach mal bei eurem örtlichen Mercedes-Benz-Händler vorbei, ja? Den Quatsch mit SpaceX und so braucht ihr eigentlich gar nicht.

Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC fotografiert für KBM Motorfahrzeuge GmbH & Co. KG im September 2022.

[Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC | WLTP: Stromverbrauch kombiniert: 22,4–19,6 kWh/100 km | CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km | mb4.me/DAT-Leitfaden-electric]

Februar 2023